Das Urteil im Überblick
Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat mit Urteil vom 08.11.2024 – 1 U 70/20 über die Rechtsmäßigkeit von Kontosperrungen und Beitragslöschungen in sozialen Netzwerken entschieden. Im Mittelpunkt des Falls stand ein Facebook-Nutzer, der nach einem kritischen Kommentar zur Kreistagswahl („Die Deutschen sind sowas von krank. Deutschland hat fertig…“) ohne vorherige Anhörung für 30 Tage gesperrt wurde. Der Betreiber, unter Berufung auf angebliche Verstöße gegen Gemeinschaftsstandards wie das Verbot von Hassrede, entfernte den Beitrag und sperrte den Nutzer mehrfach.
Nach anwaltlicher Intervention stellte Facebook den Beitrag wieder her. Der Kläger verlangte neben Schadensersatz auch die Löschung aller Sperrvermerke und zukünftige Unterlassung von Sperrungen ohne Anhörung. Das OLG Schleswig entschied, dass solche Maßnahmen ohne vorherige Information und Gegenäußerung des Nutzers rechtswidrig seien, sofern die AGB keine Ausnahmefälle regeln. Ein immaterieller oder materieller Schadensersatz wurde jedoch abgelehnt, da keine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorlag.
Anmerkung
Das Urteil unterstreicht die Rechte von Nutzern sozialer Netzwerke und schränkt die Befugnisse der Betreiber ein. Es hebt hervor, dass Plattformen verpflichtet sind, transparente und faire Verfahren zur Sperrung von Konten und Löschung von Inhalten einzuhalten. Die Entscheidung ist vor allem für die Beratung im Persönlichkeits- und Medienrecht relevant. Nutzer können sich künftig besser gegen willkürliche Maßnahmen wehren, insbesondere wenn Plattformen keine klaren Ausnahmefälle in ihren AGB vorsehen.
Aus Perspektive des Medienrechts zeigt das Urteil erneut die Bedeutung klarer und verhältnismäßiger Nutzungsbedingungen, die dem Grundsatz der Meinungsfreiheit Rechnung tragen. Anwälte, die sich auf Persönlichkeits- und Medienrecht spezialisiert haben, sollten Mandanten frühzeitig über diese Entwicklungen informieren und entsprechende Maßnahmen zur Prävention rechtlicher Konflikte empfehlen. Das Urteil stärkt zudem die Position von Verbrauchern gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen im digitalen Raum.
Weitere Informationen
Das vollständige Urteil können Sie hier herunterladen: OLG Schleswig, Urteil vom 8.11.2024 – 1 U 70/22
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