Aktuelles: Patentrecht

Nichtigerklärung eines Patents: Anforderungen an die erfinderische Tätigkeit

Die Zentralkammer des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) hat mit Urteil vom 16. Juli 2024 (Az.: UPC 14/2023) das europäische Patent EP 3 666 797 B1 für nichtig erklärt. Streitpunkt des Verfahrens war, ob die patentierte technische Lehre eine erfinderische Tätigkeit aufweist oder ob sie sich für den Fachmann naheliegend aus dem Stand der Technik ergibt.

Die Zentralkammer des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) hat mit Urteil vom 16. Juli 2024 (Az.: UPC 14/2023) das europäische Patent EP 3 666 797 B1 für nichtig erklärt. Streitpunkt des Verfahrens war, ob die patentierte technische Lehre eine erfinderische Tätigkeit aufweist oder ob sie sich für den Fachmann naheliegend aus dem Stand der Technik ergibt.

Das Urteil im Überblick

Das Verfahren betraf eine Widerklage im Rahmen eines Patentverletzungsverfahrens zwischen den Unternehmen Regeneron Pharmaceuticals und Amgen. Das Streitpatent bezog sich auf Antigenbindungsproteine zur Behandlung cholesterinsenkender Präperate. Das Patent wurde insbesondere im Zusammenhang mit den Medikamenten Praluent® und Repatha® für PCSK9-Inhibitoren verhandelt.

Kern der Auseinandersetzung war die Frage, ob die beanspruchte Erfindung eine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) aufweist. Dabei argumentierte die Klägerin, dass die Erfindung für einen Fachmann aus dem Stand der Technik ableitbar sei und keinen erfinderischen Beitrag enthalte. Die Beklagte verteidigte das Patent mit dem Argument, dass die beanspruchte Erfindung auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen basiere.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass bereits bekannte Antikörper PCSK9 binden und dessen Interaktion mit dem LDL-Rezeptor hemmen konnten. Ein Fachmann hätte diese Erkenntnisse ohne erfinderischen Mehraufwand weiterentwickeln können. Die Tatsache, dass es alternative Lösungsansätze gab, führte nicht automatisch zu einer erfinderischen Tätigkeit. Infolgedessen widerrief das EPG das Patent für alle Vertragsstaaten des Einheitspatents.

Anmerkung

Die Entscheidung verdeutlicht, dass im Patentrecht eine erfinderische Tätigkeit nicht bereits durch eine vorteilhafte Lösung begründet wird. Maßgeblich ist, ob sich die beanspruchte Erfindung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.

Die Entscheidung hat weitreichende Folgen für künftige Patentnichtigkeitsverfahren. Sie zeigt, dass eine Patentanmeldung sorgfältig die erfinderische Tätigkeit begründen muss, insbesondere wenn bereits umfangreiche Vorarbeiten im Stand der Technik existieren. Für Patentinhaber bedeutet dies, dass sie bei der Formulierung der Patentansprüche stärker darauf achten müssen, sich deutlich vom bekannten Stand der Technik abzugrenzen. Für Nichtigkeitskläger wiederum bietet das Urteil eine solide Argumentationsgrundlage, um Patente anzufechten, die lediglich eine Weiterentwicklung bereits bestehender Technologien darstellen.

Insgesamt stärkt die Entscheidung die Rechtssicherheit im europäischen Patentrecht, indem sie deutlichere Maßstäbe für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit setzt und damit die Transparenz für Unternehmen und Forschungsinstitute erhöht.

Haben auch Sie Fragen zum Patentrecht? Dann sprechen Sie uns gerne an.

Weitere Informationen

Das vollständige Urteil können Sie hier herunterladen: Einheitliches Patentgerichts (EPG), Urteil vom 16. Juli 2024 – UPC 14/2023